Guglielmo Marconi



Die Vorstellung vom armen Erfinder, der ein Leben lang hungert und darbt um seines Lebensziels willen, passt nicht auf Guglielmo Marconi. Er machte schon als Einundzwanzigjähriger seine erste Erfindung. Auch in der Wahl seines Elternhauses war der am 2. April 1874 in Bologna Geborene vorsichtig gewesen:
Sein Vater, ein Italiener, war ein begüterter Geschäftsmann und Gutsbesitzer, seine Mutter irisch-schottischer Abstammung ebnete ihm lebenslang den Weg zum Erfolg. Aus seiner Schulzeit wird wenig Rühmliches von ihm berichtet. Mit Ach und Krach schaffte er verspätet das Abitur, seine theoretischen Kenntnisse der Physik blieben mehr als bescheiden. Dafür besaß er einen besonders ausgeprägten Sinn für zielgerichtetes Experimentieren und ein intuitives Erfassen komplexer Zusammenhänge.
Schon früh fand er Geschmack an physikalischen Basteleien und richtete sich im Keller des Elternhauses ein kleines Laboratorium ein mit elektrischen Elementen, Klingeln, Morseapparat und Induktoren - sehr zum Verdruss seines Vaters, der diese "unnützen Spielereien" mit Missfallen betrachtete. Anders die Mutter, die dafür Verständnis aufbrachte - und die auch das Geld für die teuren Apparate spendierte. Sie war es auch, die ihn zum Studium an der Universität Bologna veranlasste, wo ihn besonders die naturwissenschaftlichen Experimente interessierten und da vor allem die Wiederholung der Versuche des Karlsruher Professors Heinrich Hertz über die Ausbreitung elektromagnetischer  Wellen. Deren Fernwirkung auf kurze Strecken hatte Hertz im Laboratorium bereits nachgewiesen.
Die Frage, ob diese Wellen nicht auch auf größere Entfernung wirksam gemacht werden könnten, hatte offenbar noch niemand gestellt. Marconi stellte sie. Und er war selbstbewusst genug, um zu erklären, er habe die Absicht, "die elektromagnetischen Wellen für die Telegraphie durch den Raum zu benutzen".
Zielbewusst setzte er dort an, wo Hertz aufgehört hatte. Wie dieser verwandte er als Sender einen Funkeninduktor und eine Funkenstrecke und als Empfänger eine geerdete Antenne und einen Kohärer (Fritter), also einen magnetischen Detektor. Mit dieser Anordnung und der "Assistenz" eines Bauernbuben gelang es ihm nach einigen Versuchen, Signale im Freien auf mehrere hundert Meter, ja sogar auf die Rückseite eines Hügels zu übertragen. Die Wellen hatten also eine viel größere Reichweite, als man bisher angenommen hatte. Am 2. Juni 1896 meldete er seine Erfindung zum Patent an. Die italienische Regierung, der er seine Funkentelegraphie zur Auswertung anbot, zeigte kein Interesse. Verwaltungen zeichnen sich selten durch technischen Weitblick aus. Verärgert ging er nach London, wo seine Mutter über gute Beziehungen verfügte. Sir William Preece, der Chef des Telegraphenamtes, erkannte die Bedeutung der Sache sofort und unterstützte ihn bei seinen Versuchen, größere Entfernungen zu überbrücken. Am 13Mai 1897 gelang es, eine drahtlose Verbindung über den 14 Kilometer breiten Bristolkanal herzustellen. Nun horchte die Finanzwelt auf; man gründete die "Wireless Telegraph Trading Signal Company", deren Direktor der dreiundzwanzigjährige Marconi wurde.
Für die Engländer war die drahtlose Nachrichtenübermittlung insofern besonders interessant, als die zahlreichen Inseln und Feuerschiffe vor der Küste bei schlechtem Wetter vom Land abgeschnitten waren. Marconi entwickelte die notwendigen Geräte und baute sie selbst auf. Der Zufall wollte es, dass ein so ausgerüstetes Feuerschiff einen Schiffsunfall in seiner Nähe beobachtete und drahtlos Hilfe herbeirufen konnte, die Schiff, Ladung und Besatzung rettete. Der Vorfall machte in allen Zeitungen Schlagzeilen und trug wesentlich zu Marconis Popularität bei.
Aber für ihn gab es kein Ausruhen. 1899 gelang die drahtlose Überbrückung des Ärmelkanals, 1901 die Verbindung zwischen Korsika und dem Festland über 175 Kilometer. Nun hatte er Erfahrung genug, um den großen Sprung über den Atlantik zu wagen.
An der Südspitze Englands errichtete er eine Groß-Sendestation mit der damals unerhörten Leistung von 35 Kilowatt. Dann fuhr er selbst nach Amerika und begann in Neufundland auf dem "Signal Hill" bei Samt John die Empfangsstation einzurichten. Um die Antenne auf möglichst große Höhe zu bringen, ließ er sie mit einem Papierdrachen hochsteigen. Am 12. Dezember 1901 war es soweit: schwach, aber deutlich hörte er die Morsezeichen des Buchstaben S aus 3540 Kilometer Entfernung.
Prompt erfolgte der Einspruch der anglo-amerikanischen Kabel-Telegraphie-Gesellschaft, die um ihr transatlantisches Nachrichtenmonopol fürchtete. Aber Marconis Siegeszug war nicht aufzuhalten. Allenthalben wurden Großstationen mit immer höherer Leistung aufgebaut, seit 1907 funktioniert der regelmäßige, drahtlose transatlantische Telegrammverkehr. Zügig erfolgte auch die Ausrüstung der Schiffe mit dem Funktelegraphen; dass 1912 bei der Katastrophe der "Titanic" über 800 Schiffbrüchige gerettet werden konnten, verdanken sie allein dem drahtlosen Hilferuf.
Marconi arbeitete weiter an der Vervollkommnung der Funktechnik und machte neue Bahnbrechende Erfindungen. Er war eine weltberühmte Persönlichkeit geworden, Präsident großer Telegraphie-Gesellschaften, Senator und Nobelpreisträger. Am 20. Juli 1937 erlag er einem Herzschlag.

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