Das Ertrinken

Jeder Tod im Wasser wird allgemein als "Ertrinken" bewertet, obwohl häufig die eigentliche Todesursache nicht das Ertrinken, sondern eine Bewusstlosigkeit ist, der das Ertrinken von Wasser folgt. Zum Tod im Wasser kommt es aber auch durch den sog. Badetod, der auch als Wasserschock bezeichnet wird.

Die Gefahr eines Ertrinkens ist für einen Taucher immer gegeben, denn trotz aller Vorsichtsmassnahmen können technische Mängel, gesundheitliche Störungen oder sonstige Zwischenfälle zum Tod durch Ertrinken führen.
Die häufigsten Ursachen sind wohl zweifelsohne Mängel oder Defekte die am Tauchgerät auftreten.
So kann z.B. ein nur um eine Viertel Umdrehung aufgedrehtes Flaschenventil sich durch heftiges Anstoßen wieder schließen. Eine Mitteldruckleitung kann abreißen oder Taucher werden durch Motorboote schwer verletzt und ertrinken.

Alle Arten des Ertrinkens, die zuerst durch andere Faktoren ausgelöst werden, z.B. Herzinfarkt im Wasser, Apoplex, Bewusstlosigkeit  u.s.w. werden als sekundäres Ertrinken bezeichnet. Zu einem primären Ertrinken kommt es also fast nur bei Nichtschwimmern oder Tauchern die unter Wasser eingeklemmt sind und deren Luftvorrat zu Ende geht.

Die eigentliche Todesursache beim Ertrinken ist der Sauerstoffmangel (Hypoxie), egal ob er durch Eindringen von Wasser in die Lunge oder durch den sog. Stimmritzenkrampf (Glottisverschluss) verursacht wird.

Man unterscheidet wischen dem nassen und dem trockenen Ertrinken

Das trockene Ertrinken

Beim trockenen Ertrinken kommt es durch eine Reizung des Nervus Vagus, der am Kehlkopf sitzt, zu Herzverlangsamung und Herzstillstand. Dabei laufen auch Impulse über einen zweiten Nerv ( R. laryngus recurrens), der zur Kehlkopfmuskulatur führt und dort den Stimmritzenkrampf auslöst. Meist wird durch den ausgelösten Hustenreiz der Stimmritzenkrampf gleich wieder durchbrochen, aber in ca 10% der Fälle kommt es auf diese Art zum trockenen Ertrinken.

Wie durch zahlreiche Beobachtungen bestätigt, wird dieses Reflexgeschehen durch eine Magenüberfüllung begünstigt.
Zu einer Reflexwirkung wie beim "Tiefschlag eines Boxers" kann es auch beim Sprung ins kalte Wasser kommen, wenn man mit dem Bauch hart aufschlägt.

Wenn auch bisher noch keine Untersuchungen vorliegen, nach denen es beim Tauchen zum Reflextod gekommen ist, so ist es jedoch denkbar, dass auch einige unerklärliche Tauchunfälle durch derartige vago-vasale Reflexmechanismen ausgelöst wurden.

Das nasse Ertrinken

Beim nassen Ertrinken dringt das Wasser ohne Blockade durch die Atemwege bis zur Lunge vor und verhindert den Gasaustausch.
Zudem wird wie nachfolgend beschrieben, das komplette Blutbild verändert. Die Chancen auf eine Rettung sind minimal, da neben den Komplikationen, die durch das Ertrinken verursacht werden, auch die Lungen massiv geschädigt werden ( Lungenentzündung).

Trockenes Ertrinken 
 
 

Ertrinken in Süß und Salzwasser

Es ist ein großer Unterschied ob beim Ertrinken Süß- oder Salzwasser in die Lungen und somit in den Kreislauf gelangt.

Bei Süßwasser, das so gut wie kein Kochsalz enthält, dringt das Wasser über die Lungen in den Blutkreislauf ein, da der Salzgehalt des Blutes ca. 0,6% beträgt. Das Blut wird bis zu einem Verhältnis von 1:1 innerhalb von 4 Minuten verdünnt. Durch diese radikale Volumenzunahme (Hypervolämie) kommt es zu einer starken Mehrbelastung des rechten Herzen. Durch den Ausgleich des Salzgehaltes quellen die roten Blutkörperchen auf und platzen (Hämolyse). Durch die Verdünnung wird ebenfalls das gesamte Elektrolytgleichgewicht zerstört. Wegen einer Kaliumunterversorgung in Verbindung mit dem Sauerstoffmangel kommt es auch noch zum Herzkammerflimmern.

Beim Ertrinken im Meerwasser tritt der gegenteilige Effekt ein. Hier liegt der Salzgehalt des Wassers mit ca. 3-4% deutlich über dem des Blutes. Hier dringt Blutflüssigkeit in die Alveolen ein und verursacht ein Lungenödem. Gleichzeitig diffundiert das Blut. Das Volumen nimmt ab und es kommt zu einem Zusammenballen der Erythrozyten ( roten Blutkörperchen), der sog. Geldrollenbildung. Anders als im Süßwasser trat bei Experimenten so gut wie nie ein Kammerflimmern auf und die Überlebenschancen waren besser als im Süßwasser.
Neben diesen Vorgängen, die die Lunge betreffen, kommt es beim Ertrinken zu einer erheblichen Störung des Gesamtorganismus, deren Folgen auch noch nach 24 Stunden zum Tod führen können.

Der Vorgang des Ertrinkens

Es ist heute noch nicht entschieden, ob nun der Sauerstoffmangel oder ein Herzkammerflimmern als erstes zum Tod führen.
Der ganze Ertrinkungsvorgang spielt sich in 3-5 Minuten ab. Beim ersten Eintauchen wird zunächst reflektorisch der Atem angehalten. Über Vagusreflexe kommt es zum Blutdruckabfall und Verlangsamung der Herzaktion. Es kann dabei schon zu einer ersten Bewusstlosigkeit kommen, Nach mehreren Sekunden bis zu einer Minute wird dann durch den CO2 Anstieg der Atemzwang ausgelöst und Wasser wird eingesogen. Es folgt Abhusten, der Ertrinkende geht unter, kommt wieder hoch, geht wieder unter. Nach 1-2 Minuten folgt das Krampfstadium, bei dem noch heftig krampfhaft ausgehustet wird. Der Ertrinkende, der meist schon das Bewusstsein verloren hat, taucht noch ein oder mehrmals auf und versinkt dann endgültig.

Arten und Ursachen des Ertrinken 

In der ersten Phase ist eine Rettung natürlich am aussichtsreichsten, besonders wenn es hier zu einem Stimmritzenkrampf gekommen ist. Ist das gegeben, genügt oft schon ein kurzes hochheben an der Hüfte und die Spontanatmung setzt wieder ein. Ansonsten wird sofort mit einer Reanimation begonnen. Je Kälter das Wasser ist, desto besser sind die Aussichten auf eine erfolgreiche Reanimation. Bei der Berufsfeuerwehr Köln wurde z.B. im Februar 1991 ein Kind erfolgreich reanimiert, welches im Eis eingebrochen war und nachweislich ca. 40 Minuten im Wasser gelegen hat.
Die Kerntemperatur betrug zum Zeitpunkt der Rettung ca. 26°C. Natürlich sind massive cerebrale Schäden aufgetreten, die auch nicht mehr reversibel sind, aber es zeigt doch wie wichtig eine schnelle Rettung ist. Es geht wirklich um Sekunden.

Anhang:

Polizeihubschrauber

Die Polizeiorgane des Bundes und der Länder halten in ihrem Zuständigkeitsbereich Hubschrauber für unterschiedliche Einsatzaufgaben vor.
Dank der in jüngster Zeit vorgenommenen Ausstattung mit modernster Technik können diese Hubschrauber auch für die Wasserrettung und das
Management eines Tauchunfalles eingesetzt werden.

Vor allem die Verwendung der Wärmebildtechnik sowie der Bildverstärker-Helmbrillen  ermöglichen eine schnelle und gründliche Absuche großer Gewässer nach vermissten, abgetriebenen Tauchern oder Personen auch bei Nacht.

Anlässlich des 4. Prüfungslehrganges für Feuerwehrtaucher und Feuerwehr-Lehrtaucher an der Staatl. Feuerwehrschule Regensburg vom 12.07. - 23.07.1999 wurden in Zusammenarbeit mit der Polizei-Hubschrauberstaffel Bayern die Einsatzmöglichkeiten eines solchen Hubschraubers im Rahmen einer Nachtübung erprobt. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen.

1. Schwimmende Personen sind auch mit warmer Kleidung, beim Versuch mit 7 mm Neoprene Tauchanzug, und schlechten Sichtverhältnissen sehr gut zu lokalisieren. Durch die geringfügige Wärmeabgabe eines Schwimmers erfolgt eine minimale Wasservermischung mit daraus resultierenden Temperaturunterschieden, die jedoch mit der Wärmebildtechnik gut zu erkennen sind. Die wolkenähnlichen ,,Spuren" eines Schwimmers sind auch nach 45 min noch erkennbar. In stehenden Gewässern können diese Spuren Hinweise auf die Stelle einer ertrunkenen Person geben, sofern die Temperaturschichten nicht anderweitig (mehrere schwimmende Personen, Bootsverkehr etc.) beeinflusst wurden.

2. Taucher selbst sind nicht erkennbar. Sehr gut wahrnehmbar sind jedoch die kälteren Wassermassen, welche infolge der expandierenden Luftblasen der Ausatemluft des Tauchers an die Wasseroberfläche gelangen. Da die Atemvolumina aus physikalischen Gründen mit zunehmender Tiefe ansteigen, wird die Intensität der wahrnehmbaren Temperaturschichtungen linear zur Tauchtiefe stärken. Die Bewegungsmanöver eines Tauchers waren so brillant zu erkennen, dass im Versuch zwei Taucher vom Hubschrauber via Sprechfunk zum Boden und über eine Sprecheinrichtung vom Signalmann zum Taucher (Ultraschall) auf einen Meter genau an die drei Schwimmer des 1. Versuches dirigiert werden konnten.
 

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